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Dialektik Titel


Was ist Kritische Theorie?

Dies Wort „kritisch“ im Titel weist schon darauf hin, es geht um eine besondere Art der Theorie. Da heute viele sich als kritische Theoretiker ausgeben oder dazu ernannt werden (auch wenn sie im akademischen Betrieb eine kleine Minderheit sind), ist es nötig, diesen Begriff zu klären.
   Theorie ist ein systematischer Zusammenhang von Urteilen über einen Gegenstandsbereich, die, wenn sie wahr ist, die Erscheinungen dieses Gegenstandsbereiches befriedigend aus ihren Wesensbestimmungen erklären kann. Da jede Theorie zwischen wahr und falsch unterscheidet und das Falsche kritisiert, ist insofern jede Theorie kritisch, die Verbindung von Theorie und „kritisch“ ist deshalb tautologisch, wie der weiße Schimmel, ein Pleonasmus. Es muss also einen anderen außertheoretischen Grund geben, wenn man von Kritischer Theorie spricht.
   Theorie ist nun nur ein Bereich des Denkens oder der Philosophie als Universalwissenschaft; der andere Teil ist die praktische Philosophie. Diese bestimmt kraft der Vernunft, was moralisch gut ist, die Prinzipien der Moral, und was wir tun sollen, damit wir friedlich zusammenleben können. Wie die praktische Philosophie die theoretische voraussetzt, nicht nur als reine wie die Logik, Erkenntnistheorie oder transzendentale Metaphysik, sondern auch als reale wie die naturwissenschaftliche Theorie oder die Theorie der politischen Ökonomie, denn sonst hätte Moral keinen Gegenstand, den sie beurteilen und organisieren könnte, so setzt die theoretische Philosophie die praktische voraus, nicht nur insofern ihre Wahrheit an ein wissenschaftliches Ethos gebunden ist, sondern auch bei der Reflexion ihrer jeweiligen sozialen Funktion usw. Dieser Zusammenhang drückt sich logisch darin aus, dass zwischen präskriptiven und deskriptiven Aussagen keine klare Trennung möglich ist (vgl. Bulthaup: Naturwissenschaften, S. 106 ff.). So sind die Naturwissenschaften derart konstruiert, dass sie es ermöglichen, Teile der Natur zu beherrschen – was zwingt, die Art und Weise ihrer sozialen Funktion zu reflektieren, eine Reflexion, die nicht ohne moralische Voraussetzungen rational ist.
   Wenn man wie im heutigen Wissenschaftsjargon unter Theorie sowohl die theoretische wie die praktische Philosophie oder die jeweiligen Einzelwissenschaften, die sie einschließen, versteht, dann muss es noch eine weitere Bestimmung geben, die eine andere Bedeutung von „kritisch“ hat als den rein wissenschaftlichen Unterschied von wahren und falschen Termini.
   Diese Bedeutung bezieht sich auf die gesellschaftliche Wirklichkeit und ist von praktischer Art. Die „kritische Anerkennung der das gesellschaftliche Leben beherrschenden Kategorien enthält zugleich seine Verurteilung.“ (Horkheimer: kritische Theorie, S. 28) Die gesellschaftliche Wirklichkeit im Kapitalismus ist dynamisch, eine Theorie, die sie erfassen will, muss deshalb auch vernünftige Zwecke setzen, auf die hingesteuert werden soll – solche vernünftigen Zwecke lassen sich aber nicht innerhalb der anonymen Herrschaft des Kapitals und seiner Mechanismen gesamtgesellschaftlich verwirklichen; also muss sie auf die grundlegende Veränderung der herrschenden Verhältnisse dringen. Horkheimer erklärt seine Auffassung so: „Es gibt nun ein menschliches Verhalten, das die Gesellschaft selbst zu seinem Gegenstand hat. Es ist nicht nur darauf gerichtet, irgendwelche Mißstände abzustellen, diese erscheinen ihm vielmehr als notwendig mit der ganzen Einrichtung des Gesellschaftsbaus verknüpft. Wenngleich es aus der gesellschaftlichen Struktur hervorgeht, so ist es doch weder seiner bewußten Absicht noch seiner objektiven Bedeutung nach darauf bezogen, daß irgend etwas in dieser Struktur besser funktionierte. Die Kategorien des Besseren, Nützlichen, Zweckmäßigen, Produktiven, Wertvollen, wie sie in dieser Ordnung gelten, sind ihm vielmehr selbst verdächtig und keineswegs außerwissenschaftliche Voraussetzungen, mit denen es nichts zu schaffen hat. Während es zum Individuum in der Regel hinzugehört, daß es die Grundbestimmungen seiner Existenz als vorgegeben hinnimmt und zu erfüllen strebt, während es seine Befriedigung und seine Ehre darin findet, die mit seinem Platz in der Gesellschaft verknüpften Aufgaben nach Kräften zu lösen und bei aller energischen Kritik, die etwa im einzelnen angebracht sein sollte, tüchtig das Seine zu tun, ermangelt jenes kritische Verhalten durchaus des Vertrauens in die Richtschnur, die das gesellschaftliche Leben, wie es sich nun einmal vollzieht, jedem an die Hand gibt. Die Trennung von Individuum und Gesellschaft, kraft deren die Einzelnen die vorgezeichneten Schranken seiner Aktivität als natürlich hinnimmt, ist in der kritischen Theorie relativiert. Sie begreift den vom blinden Zusammenwirken der Einzeltätigkeiten bedingten Rahmen, das heißt die gegebene Arbeitsteilung und die Klassenunterschiede, als eine Funktion, die, menschlichem Handeln entspringend, möglicherweise auch planmäßigen Zielsetzungen unterstehen kann.“ (A. a. O., S. 27 f.)
   Die Aktualität dieser Aussagen von Horkheimer zur Kritischen Theorie zeigt sich heute an den stattfindenden und im Gegenwärtigen schlummernden ökologischen Katastrophen und einer möglichen Selbstvernichtung der menschlichen Spezies durch einen Krieg mit Atomwaffen. Die unbeherrschbaren Mechanismen der Kapitalproduktion wie etwa den Zwang zur Optimierung der Mehrwertproduktion und daraus folgend den Zwang zur Akkumulation des Kapitals sind die eigentlichen Ursachen der falschen „Struktur“ der Gegenwart. Diese blinden Gesetze der kapitalistischen Ökonomie werden über die Konkurrenz allen einzelnen Kapitalen, den Regierungen und dem Verhalten der Menschen in ihrem Berufsleben aufgezwungen und können prinzipiell nicht reformiert, sondern nur durch eine revolutionäre Veränderung beseitigt werden. Darauf weist die Kritische Theorie hin.
   Das heißt nun nicht, der Theoretiker geht auf die Straße und macht Revolution, aber er unterstützt die Kräfte, die für eine Veränderung der Gesellschaft in ihrer Gesamtorganisation eintreten. Und er warnt vor den Illusionen über das Bestehende, als könne es durch privates Handeln verbessert werden. Ein solches Denken vertritt weder das vorherrschende Allgemeine noch ist es eine Form der Ideologie der herrschenden Klasse. Es bewahrt aber auch seine intellektuelle Autonomie gegenüber sozialistischen Bewegungen, wenn sie jede moralische Schranke über Bord werfen um eines vermeintlichen Vorteils oder revolutionärer Nützlichkeit wegen. Die Erfahrung mit dem Stalinismus in der Sowjetunion und die Kritik ihm gegenüber ist dafür ein Exempel. Die Kritische Theorie der „Frankfurter Schule“ hat diese Gefahr des Abgleitens in neue Herrschaftsformen wie den monopolbürokratischen Kollektivismus und die Entwicklung des „Marxismus“ zur Legitimationsideologie schon früh registriert.
   Zu dieser Auffassung von Kritischer Theorie gehört die marxsche Theorie, insbesondere seine Kapitalanalyse. (Vgl. Gaßmann: Autonomie, S. 218 ff.) Deren Hoffnung bestand darin, dass die Lohnabhängigen, insbesondere die Industriearbeiterschaft, sich nicht mit ihrem Status als Abhängige, d. h. Nicht-Autonome, in dem sie bloßes Mittel der Mehrwertproduktion sind, zufriedengeben und mittels Revolution eine vernünftige Gesellschaft etablieren, in der sie ihre ökonomischen Bedingungen kontrollieren anstatt von ihnen beherrscht zu werden. Diese konkrete Utopie, die auf den realen Möglichkeiten beruht, die mit der Entwicklung der Produktivkräfte vom Kapitalismus geschaffen wurden, stellt Marx in Bezug auf die Notwendigkeit der Reproduktion so dar: „Die Freiheit in diesem Gebiet kann nur darin bestehen, daß der vergesellschaftete Mensch, die assoziierten Produzenten, diesen ihren Stoffwechsel mit der Natur rationell regeln, unter ihre gemeinschaftliche Kontrolle bringen, statt von ihm als von einer blinden Macht beherrscht zu werden; ihn mit dem geringsten Kraftaufwand und unter den ihrer menschlichen Natur würdigsten und adäquatesten Bedingungen vollziehn. Aber es bleibt dies immer ein Reich der Notwendigkeit. Jenseits desselben beginnt die menschliche Kraftentwicklung, die sich als Selbstzweck gilt, das wahre Reich der Freiheit, das aber nur auf jenem Reich der Notwendigkeit als seiner Basis aufblühn kann. Die Verkürzung des Arbeitstages ist die Grundbedingung.“ (K III, S. 828)

   Doch die Solidarität unter den Arbeitern als moralisches Prinzip, um ihre Zahl gegen die Minderheit der Kapitaleigner zur Geltung zu bringen, wurde faktisch durch die Herrschenden unterwandert und nationalistisch überlagert. Die Folge war, dass sich die Arbeiter, anstatt auch international solidarisch zu sein, untereinander im I. Weltkrieg abschlachteten. Die Kritische Theorie kann, wenn sie an ihrem Anspruch, den avancierten Stand der Vernunft auszudrücken, festhält, nicht dem faktischen Verhalten derer folgen, die sie als Subjekt revolutionärer Veränderung ansah. „Eine Haltung, welche seine wahren Interessen und damit auch die der Gesellschaft im ganzen nicht auch ihm (dem Proletariat, BG) selbst entgegenzusetzen imstande wäre, sondern ihre Richtschnur nur von Gedanken und Stimmungen der Massen bezöge, geriete selbst in sklavische Abhängigkeit vom Bestehenden. Der Intellektuelle, der nur in aufblickender Verehrung die Schöpferkraft des Proletariats verkündigt und sein Genüge darin findet, sich ihm anzupassen und es zu verklären, übersieht, daß jedes Ausweichen vor theoretischer Anstrengung, die er in der Passivität seines Denkens sich erspart, sowie vor einem zeitweiligen Gegensatz zu den Massen, in den eigenes Denken ihn bringen könnte, diese Massen blinder und schwächer macht, als sie sein müssen. Sein eigenes Denken gehört als kritisches, vorwärtstreibendes Element mit zu ihrer Entwicklung. Daß es sich völlig der jeweiligen psychologischen Lage der Klasse unterordnet, die an sich die Kraft zur Veränderung darstellt, führt jenen Intellektuellen zum beglückenden Gefühl, mit einer ungeheuren Macht verbunden zu sein, und in einen professionellen Optimismus. Wird dieser in Perioden schwerster Niederlagen erschüttert, so gerät mancher Intellektuelle in Gefahr, in ebenso bodenlosen sozialen Pessimismus und in Nihilismus zu verfallen, wie sein Optimismus übertrieben war. Sie ertragen es nicht, daß gerade das aktuellste, die geschichtliche Situation am tiefsten erfassende, zukunftsreichste Denken in bestimmten Perioden es mit sich bringt, seine Träger zu isolieren und auf sich selbst zu stellen.“ (A. a. O., S. 33 f.)
   Nach der Periode des Faschismus und im Kalten Krieg war für viele Intellektuelle die letzte Hoffnung auf eine revolutionäre Arbeiterschaft verflogen. Die abschreckenden Verhältnisse im Sowjetblock taten ihr Übriges. Die ehemals kritischen Intellektuellen passten sich nicht nur taktisch der neuen Lage an, sondern auch in ihrer Theorie, die nun nicht mehr kritisch war, auch wenn sie weiter als kritische Theoretiker galten, weil sie einzelne Missstände in der Gesellschaft kritisierten. So schreibt Habermas 1963: „Unter diesen Verhältnissen hat sich der designierte Träger einer künftigen sozialistischen Revolution, das Proletariat, als Proletariat aufgelöst. Wohl ist die Masse der Bevölkerung, nach ihrer objektiven Stellung im Produktionsprozeß beurteilt, ‚proletarisch‘; sie hat keine tatsächliche Verfügungsgewalt über Produktionsmittel. (…) Andererseits ist aber der Ausschluß von der Verfügung über Produktionsmittel nicht mehr derart mit dem Entzug von sozialen Entschädigungen (Einkommen, Sicherheit, Erziehung usw.) verbunden, daß diese objektive Lage auch subjektiv noch irgend als proletarisch erfahren werden müßte. Ein Klassenbewußtsein, zumal ein revolutionäres, ist heute auch in den Kernschichten der Arbeiterschaft nicht festzustellen. Jede revolutionäre Theorie entbehrt unter diesen Umständen ihres Adressaten; Argumente lassen sich daher nicht mehr in Parolen umsetzen. Dem Kopf der Kritik, selbst wenn es ihn noch gäbe, fehlt das Herz: so müßte Marx seine Hoffnung, daß auch die Theorie zur materiellen Gewalt werde, sobald sie die Massen ergreift, heute fahrenlassen.“ (Habermas: Theorie und Praxis, S. 229) Selbst wenn die historische Entwicklung jede Hoffnung auf eine Abschaffung der entfremdeten menschenfeindlichen Verhältnisse, der leichenträchtigen Ökonomie, ökologischen Katastrophen und der Möglichkeit der Selbstvernichtung der Menschheit durch Kriege mit atomaren Waffen zerschlagen hätte, was noch gar nicht historisch ausgemacht ist, selbst dann muss der kritische Intellektuelle eher der Vernunft folgen, als sich den entfremdeten Zuständen auch in seinem Denken anzupassen. Solch eine Auffassung, wie sie Habermas und die, die ihm darin folgen, vertritt, ist geistiger Opportunismus, das Sacreficium intellectus, das selbst zum schlechten Bestehenden gehört.
   An Habermas kann man ablesen, wie die Negation der Kritischen Theorie zur Affirmation der herrschaftlich verfassten Gesellschaft führt. Seine originelle Theorie des kommunikativen Handelns unterscheidet zwischen „System“, der Sphäre der Ökonomie, und „Lebenswelt“, die Sphäre der sozialen Interaktion. Durch diese Aufspaltung der Wirklichkeit hat Habermas den dialektischen Begriff der Totalität in der Kritischen Theorie als „nach-metaphysischen Rest“ aufgegeben und einen Dualismus etabliert, in dem die Lebenswelt idealisierend als Sphäre des kommunikativen Handelns, der Interaktion, des normativen Telos und des Konsenses aufgefasst wird. Dagegen steht die auf Marx zurückgehende Einsicht: „Das Kapital kann sich nur verwerten, wenn es Nicht-Kapital, Rohstoffe und Arbeitskraft ansaugt und als Kapital im Produktionsprozeß mit sich vermittelt, das heißt Rohstoff und Arbeitskraft zu Momenten des Verwertungsprozesses herabsetzt.“ (Rolf Johannes: Über die Welt, die Habermas von der Einsicht ins System trennt, S. 56; auf ihn beruht diese Kurzinterpretation.) Eine eigenständige „Lebenswelt“ kann es gar nicht geben. Habermas idealisiert dagegen mit seinem Dualismus die kapitalistische Gesellschaft, seine Lebenswelt ist eine „Freizeitwelt“, die scheinbare Eigenständigkeit der Lebenswelt wird bei Habermas zur Substanz verdreht und als Freiheit verkannt. Mit anderen Worten, er affirmiert die kapitalistische Totalität. „Daß die Menschen ganzer Weltteile verrotten (…), daß der kapitalistische Akkumulationsprozeß die Naturgrundlagen des menschlichen Lebens zu zerstören tendiert, daß ständig Kriege angezettelt werden und die globale Vernichtung droht, daß die bürgerliche Demokratie jederzeit durch den autoritären Staat ersetzt werden kann, solange der Kapitalismus fortexistiert, diese menschheitlichen Probleme läßt die kommunikationstheoretische Freizeitphilosophie notwendig ‚auf sich beruhen‘.“ (A. a. O., S. 60)
   Peter Bulthaup hat diese Wendung von der Kritischen Theorie zur auch theoretischen Anpassung ans schlecht Bestehende als Dialektik der Aufklärung interpretiert: „Herrschaft über diejenigen, die für die Denker die Auseinandersetzung mit der Natur mitzubesorgen hatten, war eine Voraussetzung des Denkens selbst, die, weil sie auf partikularer Herrschaft beruhte, in Widerspruch geriet zu der notwendigen Allgemeinheit des richtig Gedachten. Dieser Widerspruch von partikularer Voraussetzung und notwendiger Allgemeinheit des Denkens läßt nur in dessen Medium sich fassen, denn Partikulares kann nicht im Verhältnis des Widerspruchs zueinander stehen. So wird nun umgekehrt die notwendige Allgemeinheit zur Voraussetzung dafür, den Einspruch gegen partikulare Herrschaft logisch zu fassen, und sie bezieht sich als diese Voraussetzung affirmativ auf sich und damit auf ihre partikulare Voraussetzung. Daß so die Kritik an der partikularen Herrschaft aus dem Denken immanenten Gründen umschlägt in die Affirmation des Kritisierten, ist der logische Kern des Begriffs der Dialektik der Aufklärung.“ (Bulthaup: Gesetz der Befreiung, S. 200)
   Die Wirkung des theoretischen Opportunismus von Habermas und anderen hat zur Eliminierung des „Kritischen“, wie es hier verstanden wird, in der Theorie geführt. Dagegen muss darauf bestanden werden, dass dies „Kritische“ der Theorie heute nicht-positivistisch und nicht-affirmativ sein muss, wenn sie wahr sein soll, weil sie sonst nur ein Teil des bestehenden Verhängnisses ist. Eine Absicht zur Kritischen Theorie ist jedoch noch kein Ausweis für wahre Theorie oder Philosophie, allerdings deren Voraussetzung. Umgekehrt enthält jede affirmative Gesellschaftstheorie zumindest einen Grundfehler in ihren Bestimmungen, wenn sie nicht gar ganz in die irrationale Dekadenz affirmativen Denkens verfällt (wie die Postmoderne), nichtsdestotrotz mag sie in Einzelaspekten wahre Erkenntnisse generiert haben. Wie die Dialektik der Aufklärung sich auswirkt, beschreiben die Herausgeber das Bändchen „Traditionell kritische Theorie“: „Kritische Theorie in diesem von Adorno und Horkheimer intendierten Sinn ist von den Schülern, die nach 68 mit ihr Lehrstühle eroberten, gründlich auf den Hund gebracht worden. Einer der wenigen, die dabei nicht mitgemacht haben, ist Peter Bulthaup.“ (Hrsg.: Traditionell kritische Theorie, S. 5)
   Angesichts des destruktiven Potenzials, das in der kapitalistischen Produktionsweise und ihrer politischen Absicherung schlummert, muss Kritische Theorie, selbst wenn es in der Gesellschaft keine verändernden Kräfte gäbe, den Gedanken einer herrschaftsfreien Gesellschaft bewahren und im Gedächtnis der Gegenwart aktuell halten. Kritische Theorie wird deshalb heute meist von Außenseitern aufrechterhalten oder solchen, die in den Nischen der Universitäten ein prekäres provisorisches Dasein führen, um ihren Lebensunterhalt zu fristen. 

Literatur
- Bulthaup, Peter: Das Gesetz der Befreiung. Und andere Texte. Hrsg. v. Gesellschaftswissenschaftlichen Institut Hannover, Lüneburg 1998.
- Bulthaup, Peter: Zur gesellschaftlichen Funktion der Naturwissenschaften. Hrsg. v. Gesellschaftswissenschaftlichen Institut Hannover, Lüneburg 1996.
- Gaßmann, Bodo: Autonomie oder Heteronomie? Zur Ethik als praktische Philosophie der Veränderung. Mit einer Rezension von Arno Kaiser, Garbsen 2019.
- Habermas, Jürgen: Theorie und Praxis. Sozialphilosophische Studien, Ffm. 1978.
- Horkheimer, Max: Traditionelle und kritische Theorie, in: Ders.: Traditionelle und kritische Theorie. Vier Aufsätze, Ffm. 1977.
- Johannes, Rolf: Über die Welt, die Habermas von der Einsicht ins System trennt, in: Unkritische Theorie. Gegen Habermas. Hrsg. v. Gerhard Bolte, Lüneburg 1989.
- Marx, Karl: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Dritter Band, Berlin 1969 (MEW 26).
- Traditionell kritische Theorie. Zehn Überlegungen zu verschiedenen Gegenständen. Herausgegeben vom Gesellschaftlichen Institut e. V., Würzburg 1995. 


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